Gute Neuigkeiten für Datenschützer, schlechte Neuigkeiten für App-Anbieter. Mit dem neuen iOS 14.5 Update von Apple, macht sich das weltweit größte Unternehmen gerade eine Menge Feinde im Marketing. Zukünftig werden User bei jeder App gefragt, ob sie mit dem Werbetracking einverstanden sind. Apple selbst lässt den Anbietern somit keine Wahl, auf welche Rechtsgrundlage sie das Tracking stützen wollen. Im folgenden Beitrag haben wir uns das Vorgehen von Apple aus der Datenschutzperspektive angesehen.
App Tracking
Kurz auf einer Shopping-App nach neuen Schuhen gesucht, schon verfolgen diese einen auf den nächsten besuchten Websites weiter. Denn nicht nur Websites, sondern auch mobile Apps tracken ihre Nutzer, um damit das Nutzerverhalten auswerten zu können. Unternehmen können auf diese Weise gezielt Werbung auf die Interessen und Bedürfnisse der Nutzenden anpassen. Apps liefern also spezifische Daten und tauschen diese mit Werbenetzwerken aus. Im Gegensatz zum Tracking auf Websites verwenden App-Betreiber im Regelfall keine Cookies, sondern greifen auf die Werbe-ID des Telefons zu, die durch das Gerät für diesen Zweck automatisch erstellt wird. Dieser Advertising Identifier (IDFA) ist eine eindeutige Nummer, auf die Apps zugreifen können, um das Gerät zu identifizieren. Bislang war das Auslesen der ID von der Werkeinstellung her für alle Apps freigeschaltet. Mit dem neuen Update hat sich dies nun geändert, sodass Nutzer nun vorab ihr Einverständnis hierzu geben müssen.
Wie ist die Rechtslage?
Unter Tracking verstehen wir grundsätzlich verschiedene Verfahren, die eine Identifikation des Users über einen längeren Zeitraum ermöglichen, um in einem weiteren Schritt dem Nutzer persönliche Merkmale oder Interessen zuzuordnen. Werden mittels einer App personenbezogene Daten verarbeitet, benötigen App-Anbieter eine Rechtsgrundlage zur Verarbeitung dieser Informationen. Grundsätzlich kennt das Datenschutzrecht neben der Einwilligung auch weitere Grundlagen, auf die eine Verarbeitung von Daten gestützt werden kann.
Die werbliche Nutzung der Werbe-ID (inklusive einer möglichen Weitergabe an Dritte) ist jedoch regelmäßig nur auf der Grundlage einer Einwilligung gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. a DSGVO möglich. Ähnlich wie bei Cookies greifen auch die App-Betreiber auf das Endgerät der Nutzer zu, wodurch neben der DSGVO auch die ePrivacy-Richtlinie und das Telemedien-Gesetz (TMG) zusätzlich heranzuziehen sind. Der BGH urteilte in der Planet49-Entscheidung im Mai 2020, dass eine Einwilligung der Websitebesucher (Opt-In) dann zwingend erforderlich ist, wenn die Cookies für Zwecke der Werbung oder Marktforschung und zur Erstellung von Nutzerprofilen eingesetzt werden. Eine Einwilligung muss dabei eine eindeutig bestätigende Handlung gemäß Art. 4 Nr. 11 DSGVO, Art. 7 DSGVO darstellen. Werden also mittels App-Tracking Daten von Nutzern aus mobilen Apps und Webapps verarbeitet, um damit das Nutzerverhalten exakt auswerten zu können, müssen App-Anbieter die Einwilligung der Nutzer gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. a DSGVO einholen.
AppTrackingTransparency-Framework (ATT)
Durch das neue Update von Apple wird es App-Anbietern das Tracken erschwert. Denn wegen des im neuen iOS 14.5 integrierten AppTrackingTransparency Framework (ATT) von Apple müssen App-Anbieter die Berechtigung zum Verfolgen des Nutzers und zum Zugriff auf die Werbekennung des Geräts nun anfordern. Durch das Framework möchte Apple eine datenschutzfreundliche Möglichkeit des Werbe-Trackings bieten. Doch wie sieht dieses Framework für Nutzer genau aus?
Sobald Nutzer die App öffnen und die Werbe-IDs des Systems (IDFA) abgefragt werden soll, wird mit iOS 14.5 eine Anforderung für das Tracking ihrer Aktivitäten angezeigt. Hier können die Nutzer zwischen „Erlauben“ oder „App-Tracking ablehnen“ wählen. Ein Ablehnen des App-Tracking bedeutet für App-Anbieter, dass diese nicht mehr auf die IDFA, welche für das Tracking essenziell ist, zugreifen können. Apple betont hierbei, dass die Nutzer, unabhängig von ihrer Auswahlentscheidung, weiterhin den vollen Funktionsumfang der App nutzen können. Der Konzern informiert die Nutzer auch darüber, welche Auswirkungen „App-Tracking ablehnen“ in Bezug auf die Werbe-ID mit sich bringt und dass es der App nicht erlaubt ist, Aktivitäten des Nutzers anhand anderer Informationen zu erfassen, die den Nutzer oder sein Gerät identifizieren. Das ATT soll also vermeiden, dass Daten der Nutzer durch zugriffsberechtigte Apps an Werbedienstleister verkauft werden. Apple betonte, dass es ihnen wichtig sei, dass die Daten den Nutzern gehören und diese selbst darüber entscheiden sollen, wie und von wem ihre Daten verwendet werden. Für den Datenschutz ist dies ein positiver Schritt, denn wie wir bereits erwähnt haben, müssen App-Anbieter beim Tracking die Einwilligung der Nutzer ohnehin einholen, was Apple jetzt forciert. Dabei stellt sich jedoch die Frage, wie eigennützig Apple hier agiert.
Kritik und Lob
Böse Zungen behaupten, dass sich Apple als Datenschützer darstelle und mit ATT lediglich eigene Geschäftsziele verfolgen möchte. Weiter steht im Raum, dass der iPhone-Hersteller kostenlosen Apps, die mit Werbung ihr Geld verdienen, die Chance auf Einnahmen nehmen möchte, um gleichzeitig an Bezahl-Apps und kostenpflichtigen Software-Abos im App Store mitzuverdienen. Weniger überraschend ist dieser Vorwurf jedoch, wenn er von der direkten Konkurrenz, nämlich von Facebook und Google kommt.
Der Kritik steht jedoch auch ein Lob seitens des Bundesverbands der Verbraucherzentralen gegenüber. Dieser befürwortet die Strategie von Apple und freut sich, dass dadurch das Werbe-Tracking erschwert und gleichzeitig der Datenschutz gestärkt werde. Hier wird sichtbar, dass die einen von iOS 14.5 profitieren, während andere dadurch einen Nachteil haben. Doch nun zu der Frage, ob Apple das (rechtlich gesehen) überhaupt darf?
Missbrauchsbeschwerde gegen Apple
Am 26.04.2021 haben Spitzenverbände der Medien-, Internet- und Werbewirtschaft beim Bundeskartellamt in Bonn Beschwerde gegen Apple eingereicht. Mit dieser machen sie geltend, dass Apple mit ATT seine Marktmacht missbrauche und gegen das Kartellrecht verstoße. Die Gruppe deutscher Verbände ist mit den neuen Datenschutzregeln von Apple nicht einverstanden und wirft dem iPhone-Hersteller unfairen Wettbewerb vor. Sie sehen den Versuch von Apple, der Werbewirtschaft den Zugriff auf wettbewerbsrelevante Daten in unzulässiger Weise zu erschweren.
Gestützt wird die Beschwerde auf die neuen Vorschriften im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), die Anfang des Jahres in Kraft getreten sind und dem Bundeskartellamt ein effektiveres Durchgreifen gegen Missbrauchsverhalten von dominanten Plattformunternehmen wie Apple ermöglichen. Wie es mit der Beschwerde weitergeht wird sich zeigen.
Fazit
Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist die Strategie von Apple zu begrüßen, denn durch ATT kann das Problem der intransparenten Nachverfolgung von Nutzern und die damit verbundene Bildung von Nutzerprofilen gelöst werden. Zwar sind App-Entwickler von dieser Strategie nicht begeistert, jedoch sorgt Apple damit dafür, dass sich eben auch die Entwickler von Apps datenschutzkonform verhalten. Nichtsdestotrotz dürfen auch die kartellrechtlichen Bedenken nicht unter den Tisch gekehrt werden.
Rechtsanwalt David Oberbeck hat seinen Beratungsschwerpunkt im Datenschutzrecht, Wettbewerbsrecht und IT-Recht. Er berät Unternehmen als externer Datenschutzbeauftragter und beratender Rechtsanwalt.