Das Hamburger Landgericht hat einen Webseiten-Betreiber wegen eines Urheberrechtsverstoßes verurteilt, weil dieser über einen Link auf urheberrechtswidrige Inhalte verwies. Müssen Webseiten-Betreiber nun alle verlinkten Inhalte daraufhin prüfen, ob sie gegen das Urheberrecht verstoßen?
Wer auf seiner Webseite urheberrechtlich geschützte Inhalte veröffentlicht, muss über ein Veröffentlichungsrecht verfügen. Ansonsten droht eine Unterlassungsklage. Aber muss auch ein Webseiten-Betreiber, der auf den Inhalt einer anderen Webseite verlinkt, sicherstellen, dass die dort eingestellten Inhalte keinen Verstoß gegen das Urheberrecht darstellen? Diese Frage stand im Zentrum eines Beschlusses des Landgerichts (LG) Hamburg aus dem November 2016.
Die Entscheidung lässt sich ohne den Kontext nicht einordnen. Dies gilt sowohl für die zugrunde liegende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) als auch die konkreten Umstände des Hamburger Falles.
Hintergrund: Die GS Media-Entscheidung des EuGH
Der EuGH hatte im September 2016 über Urheberrechtsverstöße aufgrund einer Verlinkung entschieden. Dem lag folgender niederländischer Fall zugrunde: In einem Artikel eines Online-Magazins wurde ein Link veröffentlicht, der zu Fotos führte, die für eine noch nicht erschienene Ausgabe des Playboys vorgesehen waren. Die Fotos waren auf einem Filehoster hochgeladen worden. Der Filehoster entfernte die Bilder nach Aufforderung durch den Rechteinhaber, aber sie wurden kurz danach auf einen anderen Filehoster erneut hochgeladen. Das Online-Magazin verlinkte wiederum auf die neue Web-Adresse. Es folgten immer wieder neue Verlinkungen auf andere Filehoster. Auch ließ das Magazin es zu, dass Leser in der Kommentarspalte Links auf die Fotos veröffentlichten.
Anhand von Art. 3 der Infosoc-Richtlinie entwickelte der EuGH drei Kriterien, die im Wesentlichen für die Beurteilung heranzuziehen sind, ob das Setzen eines Links auf urheberrechtswidrige Inhalte einen Verstoß gegen das Urheberrecht darstellt. Dies sind
• die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von der Urheberrechtswidrigkeit,
• der Umstand, ob das Werk bereits im Einklang mit dem Urheberrecht im Internet veröffentlicht ist, und
• die Erwerbsmäßigkeit der Webseite, auf welcher der Link veröffentlicht wird.
Der Beschluss des LG Hamburg
In dem Verfahren vor dem LG Hamburg ging es um die Anwendung dieser Rechtsprechung auf einen Fall, in dem eine Webseite einen Link auf ein urheberrechtswidriges Bild veröffentlicht hatte. Trotz Aufforderung durch den Rechteinhaber entfernte die Webseite den Link nicht. Die Hamburger Richter erklärten dies für rechtswidrig, weil ein Verstoß gegen § 19a UrhG vorliege. Der Beschluss entspricht damit den Vorgaben des EuGH.
Müssen alle Verlinkungen nun urheberrechtlich geprüft werden?
Die EuGH-Entscheidung und der Beschluss aus Hamburg machen deutlich, dass Verlinkungen auf offensichtlich urheberrechtswidrige Inhalte einen Urheberrechtsverstoß darstellen können – insbesondere bei kommerziellen Webseiten. Dass Gerichte nun jede Verlinkung auf urheberrechtswidrige Inhalte sofort als Urheberrechtsverstoß einordnen, ist eher unwahrscheinlich.
Dies liegt zum einen daran, dass zumindest die drei vom EuGH entwickelten Kriterien bei jeder Entscheidung neu zu bewerten sind. Zum anderen bestehen Zweifel, ob die Entscheidung aus Hamburg als Grundsatzentscheidung einzuordnen ist. Denn es handelte sich lediglich um ein Eilverfahren, in dem das Gericht ohne mündliche Verhandlung entschied.
Verlinkungen sind jedenfalls urheberrechtskonform, wenn der verlinkte Inhalt im Internet bereits rechtmäßig veröffentlicht wurde. Dies gilt auch dann, wenn die Webseite, auf die verlinkt wird, kein Veröffentlichungsrecht hat. Sollte der Inhalt nicht rechtmäßig im Internet veröffentlicht sein, verstößt die Verlinkung nur gegen das Urheberrecht, wenn bewusst oder bei fahrlässiger Unkenntnis auf die urheberrechtswidrigen Inhalte verlinkt wird. Die Gerichte legen hierbei bei kommerziellen Webseiten einen strengeren Maßstab an als bei anderen Webseiten. Sofern die Urheberrechtswidrigkeit der verlinkten Inhalte ohne Weiteres zu ermitteln ist, liegt es nahe, dass die Verlinkung rechtswidrig ist.
Rechtsanwalt David Oberbeck hat seinen Beratungsschwerpunkt im Datenschutzrecht, Wettbewerbsrecht und IT-Recht. Er berät Unternehmen als externer Datenschutzbeauftragter und beratender Rechtsanwalt.